Die letzten Tage hatte ich wieder enorm mit Essanfällen zu kämpfen – ich schämte mich und isolierte mich komplett. So wie immer. Dann teilte ich aber meine letzten Tage mit einer Freundin und sie wies mich auf etwas unfassbar Wichtiges hin. Ich erzählte ihr von der Stimme, die mich „übernimmt“, wenn sich ein Essanfall anbahnt, gegen die ich machtlos bin und nicht ankommen kann. Sie fragte, was die Stimme sagt, also teilte ich es ihr. Die Stimme spricht in der zweiten Person Singular zu mir. Karo fragt: „Lio, wer spricht so mit dir? Wenn du mit „du“ angesprochen wirst, bist es ja nicht du, sondern jemand anders. Wer ist es?!“
Das war für mich so ausschlaggebend, dass ich reflektierte. Scheinbar ist da eine Stimme in mir, mit der ich mich identifiziere. Wie der Dämon, der in jeder Zeremonie hochkommt und freigelassen werden möchte. Doch ich halte an ihm fest, kann ihn nicht loslassen. Klar – weil ich mir einrede, ICH sei der Dämon. Die pure Identifikation damit. Und wenn ich ihn loslassen würde, wer bliebe denn dann noch übrig? Wenn ich nicht ich bin, sondern der Dämon…?
Nach einem Essanfall sehe ich diesen Dämon in mir im Spiegel – ich sehe, dass das nicht ich bin. Weder mein Gesicht, meine Augen, noch mein Körper. Das BIN nicht ich. Ich werde in solchen Momenten übernommen und kontrolliert und genau das ist, was auch in jeder Zeremonie hochkommt. Den Zusammenhang sehe ich erst jetzt, nachdem Karo mich drauf hingewiesen hat, nachdem ich wieder einen Essanfall hatte, einige Plant Medicine Zeremonien hinter mir habe, ich diesen extremen Albtraum hatte und ich mich heute im Spiegel anschaue und sehe: Das bin nicht ich. Es lässt mich schwer fühlen im ganzen Körper. Ich fühle mich schwer – natürlich fühlt es sich schwer an, jemand anders zu sein, denn das ist entgegen unserer Natur.
Ich habe immer versucht, den Teil von mir zu akzeptieren, diese Essstörung, wollte aus Liebe, dass sie Teil von mir ist. Dachte das sei der Weg, sie endlich in Frieden sein zu lassen, und mich von ihr lösen. Dabei war sie nie Teil VON MIR. Ich habe mich mit ihr, dem Dämon in mir, identifiziert und dadurch wurde der Teil größer und stärker. Aber ich bin nicht sie, sie ist nicht ich. Sie ist wie ein Dämon in mir, der zu mir spricht, der eine enorme Scham in mir auslöst.
„Du bist zu dick. Du bist nicht liebenswert. Du bist nicht stark (genug), um mir zu widerstehen. Du schaffst es nicht, dein Ding durchzuziehen und bei dir zu bleiben. Du lässt dich immer wieder von mir überzeugen und hörst darauf, was ich sage.“
„Du sprichst dir selbst und deiner Meinung gar keinen Wert zu. Du lässt dich so einfach von dem überzeugen, was ich sage und gibst dich dem unhinterfragt komplett hin. Du lässt dich von mir kontrollieren. Du gibst deine Kontrolle komplett ab.“
„Du kreierst es dir selbst. Du machst dich so machtlos, begibst dich in die Opferrolle, und dafür schämst du dich. Dabei hast du die Macht und bist kein Opfer – erst wenn du im Widerstand mit dir selbst bist, fühlst du das Leid. Aber Schmerz wird erst dann zu Leid, wenn du im Widerstand bist. Und dieser Widerstand entsteht, indem du dich mit einer Rolle identifizierst, die du nicht bist (mit mir in dem Fall), weil dein System sagt, dass du den Schmerz nicht spüren willst. Und so fühlt es sich auf den ersten Blick „einfacher“ an, anstatt wirklich hinzuschauen, wo der tiefe Schmerzpunkt sitzt.
Du hast die Macht. Hol sie dir zurück. Du bist nicht mehr oder weniger Wert als irgendwer anders. Sieh deinen Wert und schaue dahin. Bleib bei dir. Ich spiele nur und es macht mir Spaß. Das ist meine Mission hier, mein Auftrag. Aber ich will dir nichts Böses damit. Ich bin hier, um durch dich zu fließen und dich daran zu erinnern, wer DU bist und was DEINE Mission auf der Erde ist. Aber ich bin nicht du – war ich nie und werde ich nie. Wenn ich meinen Auftrag hier erfüllt habe, werde ich gehen, sterben in dieser Inkarnation. Dann bist auch du frei, denn aktuell identifizierst du dich ja noch mit mir. Lass das los. Lass mich los. Nur so kannst du dich finden.
Manchmal wirke ich fies und streng, so wie Mama Aya. Ich bin auch nur ein Spirit, der aus dem Universum hergeschickt wurde, um dir hier zu helfen. Und ja, manchmal fühlt es sich „böse“ an, aber sei gewiss, dass all dies nur zu deinem Besten ist. Deshalb sei nicht im Widerstand zu mir. Nimm alles an, was ich dir aufzeige. Um an deine tiefsten Erinnerungen und Glaubenssätze zu kommen, fließe ich durch dich durch und „zwinge“ dich, zu essen. Aber verstehst du, solange du dich mit mir identifizierst, wirst du dich weiter und weiter dem hingeben und dich schämen, weil du „wieder einmal nicht stark genug“ warst. Stark genug wofür? Wenn ich dir sage „Iss!“ und du mit mir identifiziert bist, natürlich tust du es dann. Dein System denkt ja, du seist ich. By the way ist das auch für mich ganz schön anstrengend und echt fies mir gegenüber, dass du mir meine Aufgaben wegnehmen willst. Aber das kannst du sowieso nicht nachhaltig – also lass uns doch einfach gemeinsam anstatt gegeneinander „arbeiten“ – lass den Widerstand raus.
Es ist ein so wichtiger Schritt, auf den Karo dich da hingewiesen hat. Ich bin nicht du. Ich existiere und fließe durch dich, um dich daran zu erinnern, wer DU bist. Ich bin dein größtes Geschenk und dein größter Trigger zugleich. Denn ich löse diese Scham in dir aus, und das Gefühl von Machtlosigkeit. Diese Ohnmacht entsteht aber nur durch die Identifikation mit mir. Die Übernahme deiner Selbst durch mich. IN DIR steckt die Scham. Das bist du. So tief in dir ist ein Anteil, der sich unfassbar doll schämt. Ich kitzle die Scham heraus. Das ist meine Rolle. Scham ist unangenehm, aber will gefühlt werden. Wobei fühlst du sie am meisten= Bei Essanfällen, deinem „Körperimage“. Und deshalb lässt du sie auch irgendwann immer wieder zu, weil sie so sehr in dir angestaut ist und du es nicht mehr aushältst und es kommt mit doppelter Wucht zurück. Doch woher diese Scham eigentlich kommt, weißt du nicht – und ich erst recht nicht. Indem du diese Scham so sehr mit dem Essen verknüpfst, gerät die eigentlich Essenz dessen immer mehr in Vergessenheit. Das ist Widerstand gegen das Eigentliche. Dadurch wächst sie weiter und weiter und wird nur noch schwieriger zugänglich. Und ja, vielleicht ist die Scham noch nicht groß genug, aber irgendwann wird sie voll und ganz aus dir rausplatzen – und du wirst dich erinnern.
Das Wichtigste ist jedoch, zu verstehen: DU kannst dir aussuchen, wann es passiert. Du hast die Macht, dich zu entscheiden, dich dem Kern, der eigentlichen Scham, hinzugeben und bei DIR zu schauen. Oder ob du den Loop nochmal und nochmal fährst, indem du den Widerstand zu dir selbst vergrößerst und dich wieder mit mir identifizierst und die Scham lediglich auf das Essen und deinen Körper lenkst. Das fühlt sich oft wie der leichtere Weg an. Fair enough. Doch es ist nicht DEIN Weg, Bleib bei dir. Nimm dir die Kontrolle und deine Macht zurück. Du bist du. Ich bin ich. Wir haben beide unterschiedliche Aufträge hier auf der Erde, also versuch bitte nicht meinen zu übernehmen. Bleib bei dir. Nur so ermöglichst du auch mir, meinen Auftrag zu vollenden, dich erinnern zu lassen, und dann kann ich weiterziehen und vor allem: DICH FREIGEBEN. Aber das kann ich nur, wenn du es mir erlaubst, indem du bei dir bleibst. DU hast die Macht. Erkenne sie und hol dir zurück, was dir gehört!
Schau, was der Traum in dir ausgelöst hat. Du warst machtlos, ohnmächtig. Jemand hat dich getreten, gewürgt, verletzt. Dieser Jemand war stärker als du, du konntest nicht tun, als dich dem hinzugeben und jeglichen physischen Schmerz zu spüren. Dabei wolltest du einfach nur sterben. Und gar nichts mehr spüren. Dieser Jemand war wie in einem Wahn. Hat alle Wut an dir rausgelassen, hat alles dafür getan, dass du am Leben bleibst, aber zeitgleich so sehr leidest. Du hast dich schwach gefühlt, unterlegen und machtlos. So fühlst du dich auch heute, wenn ich durch dich fließe. Du gibst dich dem (mir) voll und ganz hin und schämst dich für deine „Schwäche“. Aber es ist nicht DEINE Schwäche. Du fühlst dich schwach und machtlos, weil du dich mit mir identifizierst, weil du nicht BEI DIR bleibst. Wir beide, wir alle sind genau gleich viel wert. Warum sprichst du dir selbst einen so viel geringeren Wert zu, warum unterwirfst du dich allen anderen? Sieh doch mal DICH. Anzunehmen, dass du weniger wert bist, als alle anderen, ist ziemlich abgehoben und arrogant. Das würde ja implizieren, dass du etwas ganz Besonderes bist, anders als alle anderen Menschen auf dem Planeten. Das glaubst du doch nicht wirklich.
Bleib bei dir und nimm wahr, wer zu dir spricht. Und da ich gerade zu dir spreche, kannst du nicht ich sein. Welchen Anteil von mir übernimmst du, der dir dient? Klar, du hast ja bereits erkannt, dass sehr viel Scham in dir existiert. Und ich bringe diese Scham an die Oberfläche, in dem ich dich „zwinge“ zu essen, damit du dich so sehr schämen kannst. Weil es das ist, was dein inneres Ich will. Scham spüren. Wenn du dich aber immer weiter mit mir identifizierst und dich dem hingibst, was ich dir sage, dann verlierst du irgendwann komplett den Zugang zu dir. Und der Widerstand wird größer und größer. Denn der Widerstand gegen die Scham (des Essens) ist unfassbar groß. Aber was steckt dahinter? Wenn du weiterhin diese Scham nur zulässt und spürst, wenn du einen Essanfall hast, dann identifizierst du dich damit. Aber was ist die eigentliche Scham, die gespürt werden möchte? Schau doch dahin, BEI DIR – nicht BEI MIR. Das hier ist meine Mission, dich auf deinem Weg zu begleiten, und aus deinem tiefsten Inneren die Emotionen herauszukitzeln, die schon lange dort unten liegen. Aber WAS es ist, kannst nur du wissen – niemand anders. Deshalb bringt es auch weder mir noch dir etwas, wenn du meine Teile annimmst. Das bist nicht DU.
Hole dir deine Macht zurück. Bleib bei dir, du kannst das! Und ich bleibe solange bei dir, wie du mich brauchst, um dich endlich zu erinnern. Wie lange das sein wird, kannst aber du selbst entscheiden. Du bist allmächtig! DU hast die Wahl – fährst du den Loop weiter, gibst du weiterhin die Kontrolle und Verantwortung an mich ab, mit dem Wissen, dass du so niemals an die Essenz deiner Selbst kommen wirst? Oder fängst du endlich an, bei dir zu schauen und nimmst dir zurück, was dir gehört? Es ist alles bereits da. Nur liegt so tief begraben. Aber ICH glaube an dich, sonst wäre ich gar nicht erst hier, in dir. Kannst du es auch?“